c't 3003: Die schlechtesten Technik-Weihnachtsgeschenke
Peinlich und manchmal sogar gefährlich: c't 3003 hat sich auf die Suche nach den schlechtesten Technik-Weihnachtsgeschenken gemacht. Unter anderem bei Pearl.
Empfehlenswerte Weihnachtsgeschenke gab es neulich bereits im c't Magazin, bei c't 3003 sind nun die schlechtesten Technik-Weihnachtsgeschenke dran.
Transkript des Videos:
Wir stellen im c't magazin ja schon seit Jahren die besten Technik-Weihnachtsgeschenke vor, ich durfte da sogar schon mal Weihnachtsmann spielen. Aber hier jetzt bei c't 3003 machen wir das jetzt mal ein bisschen anders und zeigen die vier SCHLECHTESTEN Technik-Weihnachtsgeschenke. Wir haben nicht nur sehr unnötige Sachen gefunden, viel cringe, aber auch einfach richtig gefährliches Zeugs.
Nummer 1 – Zeugs von Pearl
Pearl, der deutsche Traditions-Plastiktechnik-Verkäufer. Die Pearl-Kataloge begleiten mich wirklich seit meiner Kindheit, und ich lese die immer noch gerne; es gibt da auch wirklich einige gute Produkte. Aber diese Begeisterung, mit der da irgendwie so Fünf-Euro-Billo-Sachen beschrieben wird, ich liebe das, also wirklich jetzt.
Hier zum Beispiel, bei einer stinknormalen Badehose: „Die Augen ganz entspannt geschlossen, das Wasser im Hintergrund leise plätschernd und die kitzelnden Sonnenstrahlen wärmend auf dem Bauch: ENDLICH! Es ist Sommer! Zur frisch aufgelegten Bräune fehlt dann nur noch eine knackige Badehose! Angenehm zu tragen, weil 100% Polyester!“
Wenn das hier nicht mehr so läuft, werde ich Pearl-Katalogtexter, das macht glaube ich Spaß.
Bisschen seltsam allerdings, dass da oft so grundlegende Dinge als tolle Features gepriesen werden, zum Beispiel bei diesen Batterien: Umweltverträglich, da frei von Quecksilber und Cadmium. Gut, beide Substanzen sind seit vielen Jahren halt einfach komplett verboten in Batterien.
Was aber auf alle Fälle immer schon cringe war: Dass die Produkte immer von Frauen mit wenig Kleidung hochgehalten werden. Pearl hat ja inzwischen einen eigenen Teleshopping-Sender, Pearl.TV, und stellt da auch immer Sachen auf YouTube. Was da zum Beispiel bei diesem Video auffällt [1].
JEDER EINZELNE Kommentar bezieht sich auf die Sexyness der Frauen; und jeder Kommentar ist auf Englisch, die Leute scheinen die schönen Produktvorstellungen also gar nicht zu verstehen, sondern kucken sich nur die Frauen an, die aber eh nix sagen, sondern sich nur so dekorativ auf dem Boden räkeln.
Es scheint da eine treue Fangemeinde zu geben, man kann auf YouTube sogar Pearl.TV-Kanalmitglied werden und kriegt ab 4.99 Euro im Monat exklusive Emoji-Herzchen für den Livechat und, haltet euch fest, ein EXKLUSIVES Autogramm mit Kussmund. WOW.
Fast noch peinlicher ist, wenn Online-Medien die Pearl-Models für Klickstrecken benutzen, aber ok, ich will da gar nicht weiter drauf eingehen, hier geht’s ja um schlimme Weihnachtsgeschenke. Und da liefert Pearl RICHTIG.
Es gibt sogar einen „Geschenkefinder“ auf der Pearl-Website. Für die Frau, für den Mann, für Kinder und für Senioren. Auch extra für Kleinkinder, also Geschenke für Kinder die zwischen 1 und 2 Jahre alt sind. Da ist ja eine WLAN-Überwachungskamera geradezu ideal geeignet würde ich sagen!
Klick ich mal auf „für die Frau“. Ah, ja, ein Kinder-Werkzeugkoffer. Mit einer Bohrmaschine, die auf Knopfdruck in verschieden Richtungen läuft – „fast wie die von Papa“. Oder hier, das Kuschel-Kissen „Boyfriend“, sicherlich auch ne tolle Sache. Jetzt wollte ich gerade wieder anfangen, über das problematische Pearl-Frauenbild anfangen, sehe aber gerade, dass sowohl Kinder-Werkzeugkoffer als auch Boyfriend-Kissen ebenfalls im Geschenkebereich für Männer zu finden sind. Schön.
Nicht so schön sind diese Weihnachtskugeln hier (Frau sagt im Video, „der ist so niedlich“): Ja, ok, also niedlich wäre jetzt vielleicht nicht das Erste, was mir einfallen würde, auch nicht das Zweite oder Dritte, sondern eher: Ich glaube, das Teil ist aus der Hölle emporgestiegen, um die Menschheit zu unterjochen. Die drollige Kugel „singt herrlich schön“, schreibt Pearl, ich würde eher sagen, dass sie sowas sagen müsste: „BITTE FASS MICH NICHT AN, LASST MICH STERBEN!“
Und auch dieser schlafende Nikolaus hier, der sieht zwar nicht so gruselig aus wie die komische Kugel, macht aber dafür umso gruseligere Geräusche. Wirklich wahre Geschichte: Ich stand neulich alleine an einer Ampel in Hannover-Linden, abends, nix los und auf einmal hörte ich dieses Schnarch-Geräusch. LAUT, sehr laut. Ich habe mich wirklich sowas von erschrocken, bis ich gecheckt habe, dass das halt einfach weihnachtliche Außen-Deko von einer Apotheke war, powered by Pearl. Weihnachtsmännerpuppen, die komische Geräusche machen oder sich komisch bewegen, gibt’s bei Pearl übrigens noch mehr.
Nummer 2: Beheizte Socken mit USB-Anschluss
Socken sind ja der Weihnachtsgeschenke-Klassiker, beim für seine seriösen Angebote bekannten Online-Kaufmannsladen wish.com gibt es jetzt die zeitgemäße Variante: Socken mit Heizfunktion, for family, for love, for friend. An den Dingern hängt dann offenbar so ein Plastikteil, an das man dann jeweils eine Powerbank anschließt; eine für jede Hosentasche, das wirkt auf mich schonmal nicht so richtig alltagstauglich. Aber gut, es gibt 360 Grad Surround Sound Heating, mit jeweils einem weatherproof layo, einem heating layeo und einem keep warm layer. Ich bin mir auch nicht so sicher, ob Flammen jetzt so gut als Symbol für "mummelig warme Füße" taugt, also ich will eigentlich nicht, dass meine Socken anfangen zu brennen. Das scheint aber gar keine Symbolik zu sein, das ist bitterer ernst: Da steht nämlich ernsthaft, dass man die Teile auf 60 Grad einstellen kann -- äh, ok. Nur mal so aus dem Wikipedia-Artikel zu „Verbrennung“ zitiert: „Bei partieller Wärmeeinwirkung tritt eine Hautschädigung nach folgenden Wärmeeinwirkzeiten ein: zwischen 45 °C und 51 °C innerhalb von Minuten, zwischen 51 °C und 70 °C innerhalb von Sekunden.“
Nummer 3: Ohr-Endoskopkamera
Ebenfalls gesundheitsgefährdend ist die Mini Reinigung Ohr Endoskop Kamera von der netten Firma MRELF auf AliExpress. Ich hatte in meinem Leben schon sehr viele unangenehme Gehörgangsentzündungen, ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man sich keinesfalls Dinge ins Ohr stecken sollte. Offenbar weiß das auch MRELF: Dangerous, danger danger danger! Ah, ok, das bezieht sich aufs Wattestäbchen, bei der Kamera aus garantiert total hautgesundem Kunststoff steht "safe". Dann wird es sicherlich ok sein. Ich kann es auch ehrlich gesagt gar nicht erwarten, der Welt das innere meiner Ohren zu zeigen. "Zeichne den Vorgang des aus den Ohren Ziehens auf und teile es mit deinen Freunden" schlägt MRELF dann auch vor. Man kann mit dem Ding auch noch andere tolle Sachen machen; in der Beschreibung steht: „Vielseitig zu untersuchen, sowohl die Gehörgang und dem Trommelfell, Mund, Zahnfleisch, Kehle, Nasenhöhle, Kopfhautwurzeln und andere Körperteile.“ [Pause]
Nummer 4: „Gameboy“ mit NES-Spielen
Und jetzt mal was, was ich wirklich gekauft habe: Diese Handheld-Konsole im zuckersüßen Classic-Game-Boy-Design gibt es literarisch an jeder Online-Straßenecke, heißt immer etwas anders, aber ist immer das gleiche drin: Nämlich eine sogenannte Nintendo-on-A-Chip-Hardwareemulation des Nintendo Entertainment System, kurz NES plus je nach Angebot 300 bis 400 vorinstallierte Spiele. Das Ding ist eigentlich lustig, vor allem, weil es so schön leicht ist und die Spiele superschnell geladen sind. Die Spiele selbst sind, ja, fragwürdig: Neben garantiert illegalen Raubkopien von echten Nintendo-Spielen, sind da ganz viele weirde Bootleg-Spiele drauf, zum Beispiel Mario 14.
Was allerdings den Fun killt: Das Display ist super winkelabhängig und flimmert vor allem mies. Von Abschirmung des Backlights hat man im Hause „Plus“ offenbar ebenfalls noch nicht gehört. Und: Das Teil brummt supernervig, wenn man den Ton anschaltet. Obwohl ich dafür nur 11 Euro inklusive Versand auf AliExpress bezahlt habe, würde ich es nicht weiterempfehlen; es gibt ungefähr fünf Millionen bessere Möglichkeiten, NES-Spiele zu spielen.
Tja und ganz zum Schluss jetzt nochmal eine Sache, die nicht mit Strom betrieben wird, aber so unfassbar bescheuert ist, dass sie hier mit reinmuss: Der Weinglasaufsatz. „Ich liebe dieses Produkt jetzt schon“. Jo, ich denke auch, mit dem Ding auf der Weinflasche geschraubt – da bin ich der King auf jeder Party, das wird meine Freunde stark beeindrucken. Ungefähr so wie wenn ich denen Endoskopie-Aufnahmen meines Ohreninneren schicke. Tschüß; und schöne Feiertage!
c't 3003 [2] ist der YouTube-Channel von c't. Die Videos auf c’t 3003 sind eigenständige Inhalte und unabhängig von den Artikeln im c’t magazin. Redakteur Jan-Keno Janssen und die Video-Producer Johannes Börnsen und Şahin Erengil veröffentlichen jede Woche ein Video.
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