
Borussia Dortmund verfällt mal wieder in alte Muster: Gegen den SC Freiburg verliert der BVB ein Spiel, das er nicht verlieren muss. Hinterher gehen die Bewertungen der Vorkommnisse dezent auseinander. Genauso wie Anspruch und Wirklichkeit.
Misstrauen? Sorge? Fehlender Glaube? Nein, Borussia Dortmunds Lizenzspieler-Chef Sebastian Kehl beteuerte am Sky-Mikrofon, man sei "total happy mit der Mannschaft, haben eine gute Mischung". Treuen Glaubens versicherte der einstige Dortmunder Meisterspieler, man habe "einige junge Spieler, da ist es normal, dass gewisse Schwankungen hinzukommen", das Team habe "genug Qualität, die Ziele zu erreichen". Das war vor dem Spiel beim SC Freiburg, einem Verein mit ganz anderen Zielen als der BVB. Deutlich bescheidener. Doch am Ende des Tages hatte der SC Freiburg nach dem 2:1 die Punkte und der BVB mal wieder den Ärger. Denn was das hochgerüstete, hochtalentierte Ensemble in Schwarz-Gelb auf den Rasen des Freiburger Stadions gebracht hatte, musste selbst Kehls festen Glauben erschüttert haben.
Es war ernüchternd. "Wir sind sehr enttäuscht und auch sauer, was hier passiert ist", bilanzierte BVB-Trainer Edin Terzic nach einer mal wieder ungenügenden Leistung des eigentlich deutlich stärkeren Teams: "Es gilt, in den Spiegel zu gucken und das schleunigst abzustellen." Schleunigst abstellen, davon sprechen sie jetzt seit Monaten, muss man Ungenauigkeiten im Angriffsspiel, Konzentrationsschwächen, Phasen des völligen Spannungsabfalls und die notorische Abwesenheit von klugen, konsequenten Lösungen gegen geordnete Abwehrreihen. Da ist aber eben auch der andere Faktor der arg schleppend verlaufenden Dortmunder Entwicklung: Den unerklärlichen Verlust der ohne Zweifel im Kader vorhandenen PS auf dem Weg zum Rasen!
Die Suche nach dem Extrameter
"Es geht jetzt darum, dass wir das jeden Tag von den Spielern einfordern und bereit sind, den Extrameter zu machen", sagte Trainer Terzic - und das nicht erst, wenn man in Rückstand gerät. Ein offener Angriff auf seinen von Kehl erst gelobten Kaders. Terzic wiederholte damit seine schonungslose Analyse aus dem Januar: "Qualität ist das Ergebnis von Talent plus Mentalität. Wir haben uns zu sehr auf das Talent verlassen und uns zu wenig gewehrt", hatte Terzic nach dem 1:2 bei Bayer Leverkusen geschimpft. Und BVB-Boss Hans-Joachim Watzke hatte Anfang des Jahres dem "Kicker" gesagt: "Wir haben uns zuletzt schwergetan, leichtfüßig zu spielen, Ideen zu entwickeln, kreativ zu sein. Als läge alles unter Mehltau begraben." Nun spricht man wieder über die fehlende Bereitschaft zum "Extrameter". Oder wie es der "Spiegel" beschrieb: "Borussia Dortmund hat wahnsinnig viel Talent - und unglaublich wenig Siegeswillen."
Immerhin: Die eklatante Schwäche in der Verteidigung von gegnerischen Standardsituationen, die in der jüngeren Vergangenheit für Punktverluste und viel, viel Ärger gesorgt hatte, fiel gegen den SC Freiburg nicht ins Gewicht: Die zwei Gegentreffer resultierten aus Fernschüssen.
Die Laune gehoben hat das freilich sicher nicht. Auf dem Platz gibt es seit der oft als lähmend empfundenen Endphase unter Lucien Favre kaum sichtbare Fortschritte, der Blick auf die Tabelle sorgt für Angst beim Bayern-Jäger a.D.: Vier Punkte könnte der Rückstand auf einen Champions-League-Platz nach dem 20. Spieltag betragen, das Schreckensszenario eines Abrutschens auf einen Mittelfeldplatz verhinderte nur der 1. FC Köln mit einem Coup bei Borussia Mönchengladbach.
"Natürlich nicht perfekt"
Ja, "heute haben wir mit dem Ball wieder ein bisschen Probleme gehabt", sagte BVB-Abwehrchef Mats Hummels und beklagte "zu viele leichte Ballverluste". Natürlich werde es jetzt unruhig werden, "aber das ist nicht schlimm. Es geht nur darum, dass wir unsere Arbeit machen", versicherte Hummels. In seiner Analyse war Hummels, der wahrlich nicht im Verdacht steht, ein Schönredner zu sein, gnädiger als sein Trainer: Man werde jetzt "wieder sehr, sehr, sehr schlecht geredet. Aber ich sehe genug Fußball, um zu sehen, dass andere Mannschaften oft deutlich mehr zulassen als wir. Natürlich können und müssen wir besser spielen. Aber man muss nicht so tun, als wären bei den letzten Spielen, die wir verloren haben, unsere Gegner besser gewesen als wir."
Trotzdem stehen 32 Punkte aus 20 Spielen zu Buche - 16 weniger als der ewige Gradmesser FC Bayern München. Die Champions League, "das Mindeste, was wir erreichen müssen", sei "natürlich in Gefahr", gab Hummels zu. Er werde jedoch "immer mit bewerten, was auf dem Platz passiert. Das ist natürlich nicht perfekt, aber wenn man sieht, welche Spiele wir verlieren ..." Mit Blick auf die Freiburger Tore, zwei Fernschüsse - Prädikat: haltbar - fragte der Innenverteidiger: "Ist das jetzt Können oder Spielglück?" und schob nach: "Mein Satz beinhaltet ja schon meine Antwort."
Hummels' Analyse fällt deutlich zu wohlwollend aus. Beim FC Bayern pflegen sie ein ähnliches Bonmot: "Immer Glück ist Können", sagte Hermann Gerland, seit vielen, vielen Jahren Co-Trainer und Entdecker von Thomas Müller und vielen anderen, einst. Gemünzt auf die Situation beim BVB stellt sich die Frage: Was ist dann das immer währende Spielglück des Gegners? Bei schon acht Saisonniederlagen, der vierten in der Amtszeit von Edin Terzic, jedenfalls nicht die unbesiegbare höhere Gewalt, die Hummels und auch Kollege Emre Can ("Wir haben nicht schlecht gespielt") herbeireden wollten. "Total happy" dürfte Sebastian Kehl jedenfalls nach den 90 Minuten von Freiburg nicht mehr mit dem Kader gewesen sein.
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