Ein von drei jungen Schweizern entwickelter High-Tech-Rollstuhl kann Treppen steigen und "offroad" fahren. Ebenso atemberaubend wie ihr Produkt war allerdings auch der Preis, den die Gründer aufriefen: Noch nie ging's um so viel Geld in der "Höhle der Löwen".
12.10.2021, 06:1912.10.2021, 06:18
Rupert Sommer
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Es war ein Abend der ganz großen Gefühle in der Vox-Sendung "Die Höhle der Löwen". Ein Abend, in der die sonst so kühl kalkulierenden Investoren Tränen in den Augen hatten. Ein Abend, an dem sie sich zu spontanem Standing-Ovations-Applaus hinreißen ließen. Und ein Abend, an dem es die ganz großen Brocken zu verschlingen gab.
Nichts Geringeres als eine Weltsensation hatte das sympathische junge, rundum geerdete wirkende Gründer-Trio von "Scewo BRO" aus Winterthur in der Schweiz mitgebracht – zunächst versteckt platziert unter dunklen Abdeckungen, die erst auf der Bühne gelüftet wurden.
Thomas Gemperle (34), Pascal Buholzer (29) und Bernhard Winter (27) stellten den Löwen ein Hightech-Gefährt vor, wie man es so noch nie gesehen hat: einen treppensteigenden Elektrorollstuhl, der noch so viel mehr kann, als man ihm auf den ersten Blick ansieht. Schon der optische Eindruck raubte den Zuschauern den Atem. "Das ist ja wie ein Science-Fiction-Film", staunte Dagmar Wöhrl, als das Gefährt, das auf lediglich zwei großen Rädern über allerlei Bodenunebenheiten hinwegzuschweben scheint, im Studio vorgefahren wurde.
"Wir haben den wohl coolsten Elektrorollstuhl der Welt entwickelt"
"Wir haben den wohl coolsten Elektrorollstuhl der Welt entwickelt", sagte Thomas Gemperle und nahm damit tatsächlich den Mund nicht zu voll. "Scewo BRO ermöglicht es Rollstuhlfahrern, im Alltag eine riesige Freiheit zu erlangen. Denn er überwindet Grenzen und Hürden, an denen viele andere Rollstühle scheitern", sagt er. "Mit dem Scewo BRO haben wir den ersten alltagstauglichen Rollstuhl geschaffen, der selbständig Treppen hoch- und runtersteigen kann", erklärt sein Kollege Bernhard Winter. "Auf der Treppe selbst ist das Gerät sehr stabil, und der Sitz positioniert sich immer waagerecht."
Gesteuert wird das Fahrzeug über ein iPhone oder eine Steuerkonsole samt Joystick. Dagmar Wöhrl machte sich ein Bild davon – und kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. So verfügt "Scewo BRO" neben dem Treppen- und dem Fahrmodus auch über einen Höhenverstellmodus. Dieser ermöglicht es den Rollstuhlfahrenden, nicht nur selbstständig ein Produkt im Supermarkt aus sonst unerreichbaren Regalen zu holen, sondern auch, mit Passanten "auf Augenhöhe" zu sprechen. Daneben überwinden die großen Räder scheinbar mühelos Pflastersteine und Waldwege.
"Bei Tesla können Sie nicht mehr einsteigen. Bei uns schon!"
Ein geniales Ding und ganz große Ingenieurkunst der jungen Eidgenossen: "Ich sehe hier drei Genies vor mir", jubelte Nico Rosberg. "Das ist unglaublich beeindruckend", meinte Ralf Dümmel. Allerdings: Das High-Tech-Gerät, das die "Löwen" in Technik-Euphorie versetzte und staunen ließ, hat seinen Preis. Und das Startup-Unternehmen, das tatsächlich das Zeug dazu hat, die Welt zu verändern, eben auch.
Mehr noch: Die Gründer fordern am Montagabend die höchste Investitionssumme in der Geschichte von "Die Höhle der Löwen": fünf Millionen Euro für zehn Prozent der Firmenanteile! Das entspricht einer Unternehmensbewertung von 50 Millionen Euro. Das Selbstbewusstsein der Erfinder wirkte zwar völlig nachvollziehbar, aber dann eben doch auch irritierend für die "Löwen", die sich finanziell sonst kaum in diesen Regionen bewegen. "Wir sagen immer, wir bauen den Tesla unter den Rollstühlen", meinte Bernhard Winter stolz. "Bei Tesla können Sie nicht mehr einsteigen. Bei uns schon!"
5 Millionen für ein einzelnes Startup – zu viel für Nico Rosberg
Es war eine Ansage, die einschlug wie Donner! Und die auch die sonst so souverän wirkenden Investoren schwer in Gewissensnöte, Selbstzweifel und Unsicherheit trieb. "Jetzt sind wir erst mal sprachlos", sagte die noch immer tief beeindruckte "Scewo BRO"-Testfahrerin Dagmar Wöhrl. Und doch: diese Summe! Zunächst Ralf Dümmel, dann Dagmar Wöhrl, später Georg Kofler machten verlegen Rückzieher.
Lange ruhte dann noch große Hoffnung auf Ex-Formel-Eins-Weltmeister Rosberg, der von Haus aus Technikfan ist. "Ich würde sehr gern Teil eurer Reise sein", raspelte er und ließ die jungen Schweizer innerlich aufleuchten. "Es gibt aber ein Problem", folgte die Ernüchterung. "Das Problem ist für mich die Summe. Ich kann mir nicht erlauben, in ein einzelnes Start-up fünf Millionen Euro zu stecken." Auch Nico Rosberg war damit raus.
Carsten Maschmeyer telefoniert, Georg Kofler schimpft
Es blieb: Carsten Maschmeyer. Und der dachte lange nach, bevor er sehenden Auges mit den eisernen Regeln der Vox-Gründershow brach. Der weltweit engagierte Investor stand auf, um einen Anruf bei seinem eigenen Geschäftspartner zu machen – eine Art Live-Beratung, wie sie sonst nur den Gründern zugestanden wird, nicht aber den "Löwen". Tatsächlich zeigte sich auch Georg Kofler ziemlich verärgert über den ungewohnten Stilbruch. "Ich dachte immer, dass wir hier an dieser Stelle entscheiden – allein."
Das Ergebnis des Telefonats: "Bei fünf Millionen Euro ist es sehr schwer, spontan ja oder nein zu sagen", versuchte sich Carsten Maschmeyer zu entschuldigen. Und dann winkte auch er ab. "Ihr seid eine Innovationsbombe", lobte er die Gründer, und schob eine etwas seltsam anmutende Begründung nach: "Man kann auch etwas zu gut machen."
Sollte heißen: "Scewo BRO"-Gefährte sind mit ihren vielen teuren Features für viele Nutzer unerschwinglich. "Ihr habt keinen Tesla-Rollstuhl gebaut, sondern einen Rolls-Royce", meinte Carsten Maschmeyer und fügte mahnend an: "Es wird sehr wenige Rolls-Royce-Rollstuhlfahrer geben."
"Ich bin zur Überzeugung gekommen, dass Ihr größenwahnsinnig seid", sagte Georg Kolfer – meinte das aber durchaus als Kompliment. Die Schweizer hatten trotzdem nichts von dem vielen Lob. Sie gingen ohne Deal aus der "Höhle". Und nachdenklich. "Vielleicht sind wir zu hoch hineingegangen", mutmaßte Gründer Bernhard Winter. "Im Nachhinein ist man immer schlauer."
Standing Ovations für Currywurst-Helden aus Duisburg
Allerdings: Es war nicht der einzige Moment der ganz großen Begeisterung und der Rührung in der neuen "Die Höhle der Löwen"-Ausgabe. Auch der rundum sympathische Currywurst-Unternehmer Marco Peters hatte die Investoren verblüfft und gerührt. Und dass nicht nur mit seiner schmackhaften Wurst, sondern vor allem mit seinem Durchhaltewillen selbst in schwierigsten Zeiten. Während der Corona-Krise kam der Wurst-Verkäufer, der vor der Pandemie mit einem Foodtruck viele Großveranstaltungen kulinarisch begleitet hatte, in existenzielle Not.
Dann zog der Duisburger sich selbst wieder aus dem Sumpf – durch eine geniale Idee: Peters vertreibt seine Wurst nun in Dosen. Ralf Dümmel wird sie landauf und landab in die Supermärkte bringen. Anders als die Schweizer verkaufte sich der "Iss mir WURSCHT"-Gründer allerdings fast ein wenig zu billig: Er sammelte von Ralf Dümmel lediglich 49.000 Euro für die Dosen-Idee ein, gab umgekehrt die Rekordhöhe von 49 Prozent an seinem Geschäft aus der Hand. Von Marco Peters wird man noch hören.
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