(Motorsport-Total.com) - Was für ein irres Finale beim Grand Prix von Österreich 2024! Über weite Strecken sah es so aus, als würde das Rennen zur üblichen Spielberg-Soloshow von Max Verstappen (Red Bull) werden. Doch am Ende kam es zu einem nervenzerfetzenden Duell mit McLaren-Pilot Lando Norris - und nach 71 Runden war George Russell (Mercedes) der lachende Dritte!
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Max Verstappen und Lando Norris lieferten sich einen sehenswerten Fight Zoom
Verstappen und Norris lieferten sich rundenlang ein packendes Rad-an-Rad-Duell, hart an der Grenze der sportlichen Fairness. In Runde 64 kam es dann zur Eskalation, Norris schied aus, Verstappen musste an die Box und fiel auf Platz 5 zurück. Und Russell übernahm die Führung, die er bis zur Ziellinie nicht mehr abgab.
Helmut Markos Ursachenforschung nach einem Rennen, das Verstappens zu sein schien, geht so: "Der Boxenstopp ist danebengegangen. Dadurch rutschte Lando ins DRS-Fenster. Wir dachten, der harte Reifen würde bei der Hitze der bessere Reifen sein. Dem war nicht so. Und Lando hatte frische Reifen, wir nicht."
Zum Duell sagt Red Bulls Motorsportkonsulent im Interview mit ServusTV: "Es sind beide unnötig hart gefahren. Im Nachhinein hätte man sagen können: Okay, lassen wir ihn ziehen, weil er eh untersucht wurde wegen Tracklimits."
"Aber man kann's letztendlich auch positiv sehen: Wir haben den Vorsprung ausgebaut, in der Fahrer- wie auch in der Konstrukteurswertung", findet Marko. Eine Analyse, der Verstappen ganz und gar nicht zustimmt: "Wir haben alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte."
Oscar Piastri (McLaren) fightete im Finish Carlos Sainz (Ferrari) nieder und sicherte sich Platz 2. Lewis Hamilton (Mercedes) wurde trotz Fünfsekundenstrafe Vierter, gefolgt von Verstappen, Nico Hülkenberg (Haas), Sergio Perez (Red Bull), Kevin Magnussen (Haas), Daniel Ricciardo (Racing Bulls) und Pierre Gasly (Alpine).
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Was war am Start los?
Verstappen erwischte von der Linie weg einen nahezu perfekten Start und hatte schon oben am Hügel, bei Kurve 3, ein paar Wagenlängen Vorsprung. Nach der ersten Runde hatte er Norris aus der DRS-Sekunde abgeschüttelt - und konnte damit die Anfangsphase des Rennens kontrollieren.
Dahinter ging Hamilton und Sainz vorbei und begann, Druck auf Russell auszuüben. Allerdings nur bis Runde 9. Weil die Rennleitung fand, Hamilton habe beim Überholmanöver in der ersten Runde einen "anhaltenden Vorteil" erlangt, indem er neben die Strecke kam, ließ er Sainz freiwillig wieder vorbei.
Leclerc musste am Ende der ersten Runde an die Box - und war mit 13 verlorenen Positionen der große Verlierer der Startphase. Er wurde beim Anbremsen der ersten Kurve von Piastri links und Perez rechts in die Zange genommen, und verlor dabei Teile seines Frontflügels.
Zwischen Piastri und Perez ging das Scharmützel in Kurve 4 weiter, wo es zu einer weiteren Berührung kam, mit dem besseren Ende für Perez. Zumindest von außen betrachtet ohne Materialschaden, und ein Überholmanöver mit Applausfaktor.
Wie schnell konnte sich Verstappen absetzen?
Nach elf von 71 Runden, als Haas und die Racing Bulls die regulären Boxenstopps eröffneten, hatte Verstappen bereits 4,5 Sekunden Vorsprung auf Norris und 7,3 auf Russell. In Runde 23 wechselten Verstappen und Norris dann gleichzeitig von Medium auf Hard. Verstappens Vorsprung nach dem Boxenstopp betrug 5,9 Sekunden.
In Führung lag jetzt aber Piastri, der einen langen ersten Stint fuhr. Theoretisch hätte McLaren jetzt taktisch spielen und Piastri als rollende Schikane vor Verstappen einsetzen können, um dessen Vorsprung abzuschmelzen. Doch Piastri kam dann selbst an die Box, bevor er Verstappen im Weg stand.
Verstappen konnte auch auf den harten Reifen seinen Vorsprung weiter ausbauen. Allerdings stand er seitens der Rennkommissare "under Investigation". Denn: Beim gleichzeitigen Boxenstopp mit Norris gab der an, Verstappen habe ihm beim Ansteuern der McLaren-Box den Weg blockiert, als er gerade einbiegen wollte.
Also potenziell "unsafe Release". Ein paar Runden lang mussten die "Oranjes" am Spielberg zittern, dann war klar: "no further Action" - keine Strafe für Verstappen. Der führte zur Halbzeit acht Sekunden vor Norris und 15 vor Russell.
Verstappen fing dann an, über seine Reifen zu schimpfen, und tatsächlich begann sein Vorsprung zu schrumpfen. In Runde 45 lag er noch 6,5 Sekunden vor Norris. Noch kein Alarm, aber zumindest schaute man bei Red Bull wachsam auf den Zeitenmonitor.
Verstappen funkte in Runde 47: "Lang geht das nicht mehr gut." Bei inzwischen wieder mehr als sieben Sekunden Vorsprung. "Lando hat die gleichen Probleme", wurde Verstappen beruhigt.
Wie kam Norris dann so nahe?
In Runde 51 kamen die beiden, wieder gleichzeitig, an die Box. Verstappen stand 6,5 Sekunden, Norris nur 2,9. "Oh mein Gott", fluchte Verstappen danach. Der Abstand danach betrug nur noch drei Sekunden, und der Grund für die lange Standzeit war mutmaßlich, dass hinten links das Rad klemmte.
Verstappen fuhr dann aus der Box, und leistete sich im ersten Ärger gleich einen Verbremser in Kurve 4. Jetzt war Norris bis auf 1,1 Sekunden dran, und drehte gleichzeitig die bis dahin schnellste Runde im Rennen.
In Runde 54 erreichte die Spannung dann einen ersten Höhepunkt, als Norris sogar im DRS-Fenster auftauchte. In Runde 55 war er bei Kurve 3 erstmals fast auf gleicher Höhe. Norris beschwerte sich: "Er hat gesehen, wie ich die Linie wechsle, und dann hat er sie selbst auch gewechselt. Das darf er nicht."
Fotostrecke: Der Unfall von Lando Norris und Max Verstappen in Spielberg
Der Druck auf Verstappen war jetzt enorm. Ende der 55. Runde hatte der Niederländer dann etwas Rennglück, hatte selbst das DRS eines Williams und anschließend eines Aston Martin und schüttelte Norris so wieder aus der DRS-Sekunde ab. Doch der robbte sich wieder heran.
"Irgendwas scheint mit dem Auto nicht zu stimmen. Ich habe null Grip", feedbackte Verstappen am Boxenfunk. Norris hatte andere Sorgen, in Form der schwarz-weißen Warnflagge, weil er zum dritten Mal über die Tracklimits gefahren war.
Doch davon ließ sich der McLaren-Fahrer nicht einschüchtern: In Runde 59 bremste er sich bei Kurve 3 zunächst an Verstappen vorbei, mit einem extrem späten Überraschungsmanöver, fuhr dann aber neben die Strecke - und musste die Führung vor Kurve 4 zurückgeben.
Wie fiel die dramatische Entscheidung?
In Runde 64 eskalierte das Duell endgültig: Norris probierte es in Kurve 3 außen, es kam zur Berührung. Die löste bei Verstappen einen Reifenschaden aus, bei Norris flogen ein paar Wrackteile. Verstappen konnte es nicht fassen: "Nett! Oh mein Gott."
Beide mussten am Ende der Runde an die Box kommen. Norris gab auf, Verstappen kehrte als Fünfter auf die Strecke zurück.
"Das ist Divebombing. So überholt man nicht!", regte sich Verstappen auf. Norris hatte, Ironie des Schicksals, gerade da eine Fünfsekundenstrafe wegen wiederholter Verstöße gegen die Tracklimits kassiert. Eigentlich fuhr er also gar nicht um die Führung, sondern er lag virtuell weiter hinten.
"Ich habe großen Respekt vor Max und vor dem, was er kann und was er tut, jedes Mal, wenn er auf der Strecke ist", analysiert Norris das Duell. "Aber manchmal denke ich, dass er vielleicht ein bisschen zu weit geht, und ich habe das Gefühl, dass das heute ein bisschen der Fall war."
Apropos Strafe: Auch Verstappen handelte sich zehn Sekunden ein, wegen Verursachens einer Kollision. Für die FIA war die Schuldfrage also klar. Und Verstappen selbst der Übeltäter. Auswirkungen auf das Rennergebnis hatte das freilich keine, denn Verstappen hatte nach hinten ausreichend Vorsprung und blieb Fünfter.
Geriet Russell danach noch in Gefahr?
Russell hatte rund drei Sekunden Vorsprung auf Sainz, der jedoch kurz darauf von Piastri überholt wurde. Piastri war zwar schneller als der Mercedes und verkürzte den Rückstand noch auf 1,9 Sekunden, für eine ernsthafte Attacke reichte es jedoch nicht mehr.
Toto Wolff hatte in der Mercedes-Box ein breites Grinsen im Gesicht. Für Mercedes war es der erste Sieg in der Formel-1-Saison 2024. Und Hamilton rundete den erfolgreichen Rennsonntag als Vierter ab. Trotz Fünfsekundenstrafe.
Dabei wäre es fast Wolff selbst gewesen, der Russell den Sieg gekostet hätte: "Ich habe die größte Dummheit in meinen zwölf Jahren Formel 1 gemacht", gibt er zu. "Als ich gesehen habe, dass die kollidiert sind, habe ich den Funk aufgemacht und gesagt: 'Wir können das gewinnen!' Während er auf der Bremse gestanden ist, von 300 km/h, bei Turn 3."
Warum krebste Leclerc so weit hinten rum?
Es waren noch keine 20 Runden gefahren, da hatte Leclerc auch einen zweiten Boxenstopp absolviert. Diesmal ein einfacher Reifenwechsel. Sein Rückstand auf die Spitze betrug jetzt 69,1 Sekunden, und er fiel kurzzeitig auf den letzten Platz zurück. Sogar hinter Logan Seargant, den er allerdings rasch wieder überholte.
In Runde 33 kam Leclerc bereits zum dritten Mal an die Box. Er hatte inzwischen mehr als eine Runde Rückstand, und nach außen vermittelte das, was Ferrari tat, den Eindruck, man nutze den Rennsonntag nur noch als Test unter Grand-Prix-Bedingungen.
Durch das dramatische Finish wäre Leclerc allerdings beinahe noch in die Punkteränge vorgerückt. Am Ende fehlten nur 5,3 Sekunden auf Platz 10. Er wurde Elfter.
Wie kam es zum "Fuck"-Funkspruch von Magnussen?
In Runde 10 kam Kevin Magnussen als erster der beiden Haas-Piloten an die Box. Eine Runde später wechselte auch Hülkenberg. Die beiden lagen plötzlich auf dem gleichen Fleckchen Strecke und lieferten sich ein hartes, aber faires Duell, an dessen Ende Hülkenberg zunächst 14. war und Magnussen 15.
Magnussen erhielt dann die Anweisung, er möge bitte Reifen schonen. Worauf er wissen wollte, ob Hülkenberg das auch tun muss. Auf die Aussage, beide Autos sollten das tun, weil es noch ein langes Rennen sei, entgegnete er nur: "Yeah, fuck it."
Offenbar hatte er nicht schon wieder Lust, für Hülkenberg Teamplayer zu spielen. Doch Hülkenberg regelte das Thema dann durch Performance. Nach knapp 30 Runden hatte er gut vier Sekunden Vorsprung auf seinen Teamkollegen rausgefahren.
In Runde 39 kam Hülkenberg zum zweiten Mal zur Box. Haas konnte das Tempo diesmal gut halten. Am Ende verteidigte sich Hülkenberg souverän gegen den von hinten drückenden Perez - und fuhr als Sechster über die Ziellinie. Magnussen wurde Achter.
"Ich habe heute alles reingelegt und gekämpft wie ein Löwe", sagt Hülkenberg im Interview mit ServusTV. "Ich bin viel allein gefahren, aber die letzten zehn Runden wurde es richtig interessant. Ich dachte, ich probier das mal drei, vier Runden - aber die letzten zwei Runden bin ich wirklich auf der Felge gefahren und habe alles reingelegt, was ich konnte."
Wie geht's in der Formel-1-WM 2024 weiter?
Der Grand Prix von Österreich war die elfte von 24 Stationen der Saison 2024 (Hier geht's zum Formel-1-Kalender!) und das zweite Rennwochenende des Tripleheaders Barcelona-Spielberg-Silverstone. Doch bevor der Formel-1-Zirkus weiterzieht, steht am Sonntagabend auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de noch die große Rennanalyse auf dem Programm.
Kevin Scheuren bespricht mit Christian Nimmervoll vor Ort am Red-Bull-Ring, was am Sonntag geschehen ist. Der Livestream beginnt wie immer mit einer kurzen Zusammenfassung des Rennens inklusive Ergebnis und WM-Stand, ehe die beiden in der F1-Show tiefer in die wichtigsten Themen des Tages eintauchen.
Die Startzeit ist bewusst auf 21:45 Uhr angesetzt. Wer also in der Halbzeitpause der Fußball-EM rüberwechseln will, ist herzlich willkommen. Und alle anderen können den Stream zur Not auch am Montag noch im Re-Live sehen. Nur Live-Zuschauer, die Mitglieder des Kanals sind, können allerdings im Livechat Fragen stellen (Infos: Wie wird man Kanalmitglied?).
Der nächste Grand Prix steht dann am 7. Juli in Großbritannien (Silverstone) auf dem Programm. Danach ist ein Wochenende rennfreie, ehe die Saison am 21. Juli in Ungarn (Budapest) fortgesetzt wird. Übrigens "back to back" mit Belgien (Spa-Francorchamps), ehe die Formel 1 in ihre traditionelle Sommerpause abbiegt.
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