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Der Milliardendeal droht über Martin Kind zu stolpern - n-tv NACHRICHTEN

Die 36 Profiklubs der Fußball-Bundesliga und 2. Liga haben sich für den Einstieg eines Investors entschieden. Die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit wurde bei der Abstimmung gerade so erreicht. Aber der Deal bleibt umstritten.

Die historische Zeitenwende im deutschen Fußball ist geschafft. Im zweiten Anlauf in diesem Jahr machen die Klubs der 1. und 2. Bundesliga den Weg für den Einstieg eines externen Investors frei. Das aber nach wie vor nicht als einiges Kollektiv, sondern zerrissen. Bei nur einer Ja-Stimme weniger, 24 von 36 waren es, wäre der nächste Versuch der Deutschen Fußball-Liga gescheitert. Und wie knapp das war, lässt sich bestens am Fall von Zweitligist Hannover 96 aufzeigen. Der stimmberechtigte Martin Kind gilt als Befürworter des Deals, sein Verein als Gegner. Er forderte den Geschäftsführer auf, sich gegen den historischen Schritt zu stellen. Kind sagte der ARD-"Sportschau": "Es war doch eine geheime Wahl". Wofür er gestimmt hat, verriet er nicht. Rausfinden wird es nie jemand. Die Stimmen, so einige Klubvertreter, sollten nicht "nachverfolgbar" sein, berichtete die "Sportschau".

Warum ist das so? Bei einer Entscheidung mit dieser Tragweite, die den deutschen Fußball womöglich für immer verändern wird, ist es ein Ding der absoluten Unverständlichkeit, warum die Abstimmenden so einfach aus der Verantwortung entlassen werden. Einige hatten bereits vorgebeugt, um sich unangenehmen Diskussionen zu entziehen und hatten verraten, wie sie zu dem Deal stehen. Andere taten das nicht. Im Sinne der Transparenz ist die Abstimmung ein bitteres Signal. Und sie wirft ein schlechtes Licht auf die DFL und die Topklubs, die diesen Deal unbedingt gemeinsam durchboxen wollten und sich über die Anonymität Stimmen absichern konnten.

Die Kabine soll tabu bleiben

Das ist nun gelungen, die Suche läuft. Bis zu einer Milliarde Euro soll ein Investor zahlen. Allerdings nicht, ohne eine Gegenleistung zu bekommen. Und hier wird es erneut schwierig. Sollte es zum Deal kommen, werden die 36 Erst- und Zweitligisten für 20 Jahre auf bis zu acht Prozent ihrer Einnahmen aus den TV-Rechten verzichten müssen. Diese sind bei den meisten Vereinen aber kurz- bis mittelfristig bereits verplant. Hier beginnt also die durchaus riskante Wette auf die Zukunft des deutschen Fußballs. Um die finanziellen Verpflichtungen an den Investor auszugleichen, hofft die DFL auf steigende Erlöse. Sie braucht sie sogar.

Ein Hebel dafür: "Neue Formate, Angebote und Perspektiven entwickeln, um unsere Medienpartner noch mehr dabei zu unterstützen, für Fans aller Generationen das passende Angebot zu machen." Wie sehr das zuletzt im deutschen Fußball nicht gelungen war, war in der DFB-Debakel-Doku "All or Nothing" zu sehen. Der Flug der Graugänse aus der tristen Wüste ins noch viel tristere Nichts war einer der größten Fremdschäm-Momente in den vergangenen Monaten. Besser hatte es zuvor die Formel 1 gemacht. Der gigantische Netflix-Hit "Drive to survive" hatte der eigentlich altmodischen Sportarten einen ungeahnten Boom erbracht. Aber die Motorsport-Königsklasse hat sich dafür auch nackig gemacht, hatte alle Türen geöffnet. Das will die DFL allerdings nicht. Die Kabine, das größte Heiligtum, soll verschlossen bleiben.

Es ist ein Schatz, der nicht gehoben werden will. Anders als in den USA, wo der Dressing-Room eine Art Open House ist. Und anders auch als in Spanien. Dort bekamen die Zuschauer Einblicke in die Gebets-Rituale von Athletic Bilbao. Die Fußballer fühlten sich alles andere als wohl dabei.

Bleiben die roten Linien bestehen?

Aber irgendein Goodie wird die DFL einem Investoren hinwerfen müssen, trotz der roten Linien, die auch jede Form der Einmischung in Spielpläne betreffen. So soll es keine Zerstückelung wie in der spanischen La Liga oder der englischen Premier League geben. Und auch keine Ausgliederung einzelner Spiele oder Wettbewerbe geben, dem Finale des DFB-Pokals oder dem Supercup etwa. Aber was kann das der Wurm an der Angel sein, um den Investor an Land zu ziehen? Die Antwort auf diese Frage bleibt im vagen. Kein Dementi der DFL scheint in Stein gemeißelt. Und so auch keine Sorge der Fans abzumoderieren.

Bleibt die Frage, welchen tieferen Sinn der angestrebte Deal für alle Klubs haben würde? Das Fan-Bündnis "Unsere Kurve" beklagt ein aussichtsloses Rattenrennen mit der Premier League. Bayern-Boss Jan-Christian Dreesen etwa verwehrte sich dieser Sicht der Dinge und sieht vielmehr Möglichkeiten der Entwicklung "von Dingen, von denen wir glauben, dass sie richtig sind".

Da lohnt ein Blick auf die geplante Verwendung des Geldes: 600 Millionen Euro sollen in ein Paket von Maßnahmen zur Digitalisierung und Internationalisierung fließen. Dazu gehören der Aufbau einer eigenen Streamingplattform, um vor allem im Ausland Konkurrenz für die Bieter zu schaffen, der Ausbau der Auslandsvermarktung oder der Rechtsschutz gegen Piraterie. 100 Millionen Euro sind für die Förderung von Auslandsreisen der Bundesliga-Klubs vorgesehen. Die restlichen 300 Millionen Euro dienen als Rücklage für die Abzahlung der Investor-Anteile in den ersten sechs bis sieben Jahren.

Juristisches Nachspiel droht

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Auf den ersten Blick scheint klar, wer die großen Profiteure sind: die Topklubs. Welchen Nutzen sollen Vereine aus der 2. Liga beim Aufbau von Streamingplattformen für das Auslandsmarketing haben? Welche Nutzen von Reisen ins Ausland? Vereine, wie der 1. FC Magdeburg, wie Eintracht Braunschweig, Hansa Rostock oder auch der VfL Osnabrück sind sportlich viel zu weit entfernt und als internationale Flagschiffe nicht tauglich, um von dieser Anschubfinanzierung nachhaltig zu profitieren. Dazu passte auch die von Bayer-Boss Fernando Carro in den Tagen vor der Abstimmung ausgesprochene Drohung an die Zweitligisten. "Wenn am Ende 13 bis 15 Erstligaklubs dafür sind und die strategische Partnerschaft an der zweiten Liga scheitert, müssen wir das zwar akzeptieren, aber dann müssen wir uns ernsthafte Gedanken über die künftige Governance der DFL machen."

Vorerst gilt das nicht. Was womöglich auch an Martin Kind lag. Wie das Portal Faszination Fankurve ausrechnet, haben sich fünf Klubs bisher nicht bekannt, unter anderem eben Hannover 96. Und dort droht noch reichlich Sprengkraft nach der Abstimmung. Denn wie die "Sportschau" berichtet, hatte der Verein die DFL aufgefordert, die Abstimmung zu verschieben, wenn nicht klar ist, wie sich Boss Kind entscheiden werde. Der Verein berief sich dabei auf die DFL. Die hatte im vergangenen Jahr nochmal festgestellt, dass der Mutterverein bei Hannover 96 "das uneingeschränkte Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung der Hannover 96 Management GmbH hat". Das gehe aus der 50+1-Regel der hervor, die den Einfluss von Investoren in den Vereinen beschränkt. Sollten sich nun alle Klubs, die nicht zugestimmt haben, öffentlich erklären und Kind damit als Ja-Sager identifizieren, könnte ein juristisches Nachspiel folgen.

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