Im Streit um die Gründung einer Super League im Fußball hat die Uefa vor dem höchsten europäischen Gericht eine Niederlage erlitten. Die großen Fußballverbände Fifa und Uefa dürfen andere Wettbewerbe nicht grundsätzlich von ihrer Genehmigung abhängig machen und Vereinen und Spielern nicht verbieten, an diesen Wettbewerben teilzunehmen, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstagmorgen in Luxemburg. Das bedeute allerdings nicht zwangsläufig, dass die Super League genehmigt werden müsse, so die Richter.
Es gebe keinen Rahmen für die Regeln der Verbände, der gewährleiste, dass die Vorgaben transparent, objektiv, nicht diskriminierend und verhältnismäßig seien. Auch die Regeln, die Fifa und Uefa die ausschließliche Kontrolle über die kommerzielle Rechteverwertung der Wettbewerbe einräumen, würden den Wettbewerb in der EU einschränken, hieß es im Urteil. Die Fifa und Uefa würden ihre dominante Marktposition missbrauchen.
Die Initiatoren der Super League feierten das Urteil umgehend als großen Sieg. „Das Uefa-Monopol ist vorbei“, sagte der frühere RTL-Manager Bernd Reichart, der das Projekt für die Agentur A22 vertritt. Er konkretisierte die Pläne nach dem Entscheid des EuGH. Einer der Kernpunkte der neuen Wettbewerbe sei, dass die Fans alle Spiele „live und kostenlos über eine neue digitale Streaming-Plattform verfolgen“ können. Im Männerfußball gehe es um eine dreistufiges Ligen-System mit 64 Vereinen. Es soll keine festen Mitglieder geben, hieß es weiter. Bei den Frauen sollen in zwei Ligen insgesamt 32 Klubs mitspielen.
„Wir haben das Recht auf Wettbewerb gewonnen. Der europäische Klubfußball ist frei“, sagte Reichart: „Die Entscheidung des Gerichts hat weitreichende positive Folgen für den Fußball. Wir können jetzt ohne Angst vor Sanktionen weiter mit Vereinen, Ligen und anderen Interessengruppen zusammenarbeiten, um die besten Fußballwettbewerbe in Europa zu schaffen und die Fans in den Mittelpunkt zu stellen.“
Ein jahrelanger Streit findet vorläufig sein Ende
Vorausgegangen war ein zweieinhalbjähriger Streit. 2021 hatten zwölf europäische Topklubs schon einmal die große Revolution geprobt. Die Vereine um Real Madrid, den FC Barcelona und Juventus Turin verkündeten, eine Super League als Konkurrenz für die etablierte Champions League zu gründen. Der Aufschrei bei Ligen, Fans und der Politik fiel heftig aus – das Projekt scheiterte krachend. Die Uefa drohte mit Ausschluss von allen Wettbewerben, beteiligte Spieler sollten nicht mehr bei Welt- und Europameisterschaften teilnehmen dürfen. Unter anderem die englischen Teams zogen schnell zurück, die Super League war vom Tisch – vorerst. Doch vor allen Real und Barcelona ließen nicht locker.
Die European Superleague Company klagte daraufhin vor einem Madrider Gericht: Sie warf Uefa und Fifa vor, als Kartell zu handeln, weil sie sich der Gründung der Super League widersetzten. Die Fußballverbände missbrauchen demnach ihre beherrschende Stellung auf dem Markt für Fußballwettbewerbe. Dem folgte der EuGH nun größtenteils.
Uefa gibt sich nach Urteil gelassen
Die Uefa nahm die Niederlage einer ersten Reaktion zufolge gelassen zur Kenntnis. Das Urteil bedeute keine „Billigung oder Bestätigung der sogenannten Super League“, teilte der Dachverband am Donnerstagmittag mit. Eine neu eingeführte Regel würde die vom Gericht aufgeführten Mängel auffangen.
Die Uefa sei zuversichtlich, dass diese neuen Vorgaben für die Zulassung zu Wettbewerben „mit allen relevanten europäischen Gesetzen und Vorschriften übereinstimmen“. Der Verband stehe weiterhin zur sogenannten Fußball-Pyramide, die auf nationalen Ligen beruht, in denen sich Vereine für internationale Wettbewerbe qualifizieren können.
„Wir werden das europäische Sportmodell weiterhin gemeinsam mit den Nationalverbänden, Ligen, Vereinen, Fans, Spielern, Trainern, EU-Institutionen, Regierungen und Partnern gestalten“, teilte die Uefa mit. Sie vertraue darauf, dass das derzeitige Fußball-Modell in Europa durch europäische und nationale Gesetze vor Gefahren beschützt werde.
Urteil nachvollziehbar und zu erwarten gewesen, sagt die DFL
Auch die Deutsche Fußball Liga steht weiter zum europäischen Sportmodell und „lehnt Wettbewerbe außerhalb der von den Verbänden und Ligen organisierten Wettbewerbe ab“. Das teilte die DFL am Donnerstag mit. Das Urteil sei nachvollziehbar und zu erwarten gewesen. „Die Rechtmäßigkeit der Super League ist eine separate Frage“, hieß es weiter: „Uefa und Fifa sind angehalten, ihre Kriterien, die bereits weiterentwickelt wurden, entsprechend zu überprüfen, gegebenenfalls anzupassen und rechtmäßig anzuwenden.“
Die spanische Liga hat unterdessen ihren Widerstand gegen eine Super League auch nach dem Urteil des EuGH bekräftigt. „Mehr denn je erinnern wir daran, dass die ,Super League‘ ein egoistisches und elitäres Projekt ist“, schrieb die Liga auf der Plattform X. Jedes Format, das nicht völlig offen und jedes Jahr neu durch die nationalen Ligen geformt werde, sei ein geschlossenes System.
„Der europäische Fußball hat bereits gesprochen, besteht nicht darauf“, richtetet sich die Liga an die Befürworter einer Super League, also vor allem an die heimischen Klubs Real Madrid und FC Barcelona, die das Projekt in den vergangenen Monaten weiter vorangetrieben hatten. Die spanische Liga und die beiden Top-Klubs sind in vielen Fragen seit Jahren zerstritten. Real teilte bei X den Beitrag der Super-League-Agentur A22, in dem ein Ende des Uefa-Monopols gefeiert wurde.
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